Mit Karrierevielfalt zur Generationenvielfalt: Age Inclusion bei Telefónica Deutschland / o2
Interview mit Lena Holzner, Program Manager to CHRO bei Telefónica Germany
Der Generationenvielfalt auf der Spur: Dafür hat Lena Holzner, Program Managerin im HR-Bereich bei Telefónica Deutschland / o2, eine groß angelegte interne Umfrage gestartet. In welcher Lebensphase befinden sich die Mitarbeiter*innen? Was brauchen sie, um sich eine Zukunft im Unternehmen vorzustellen? Und wie kann Telefónica helfen? Die Erkenntnisse daraus sind beeindruckend. Disruptive Ansätze für mehr Generationenvielfalt in Unternehmen: Erfahre mehr im Gespräch mit Lena!
Lena, haben sich Dir schon mal Türen aufgrund Deines Alters aufgetan oder versperrt?
Zum Glück nie. Alter sollte aus meiner Sicht kein Thema sein und schon gar nicht eine Hürde bedeuten.
Was bedeutet Alter für Dich?
Ich finde, es kommt nicht auf das Alter an, sondern auf die jeweilige Haltung und Möglichkeiten. Ich beobachte zum Beispiel – allein in meinem Umfeld – Menschen, die mit über 60 voll im Leben stehen. Die sich engagieren, aktiv in Wirtschaft und Gesellschaft einbringen, sogar Hochleistungssport für sich entdecken! “Alt” per Definition von “jung” zu unterscheiden, finde ich schwierig.
Gibt es etwas, wofür man in Deinen Augen nie zu jung oder zu alt ist?
Man ist nie zu jung oder zu alt, um sich neu zu orientieren – egal wann. Neu starten, sich weiterentwickeln – ich finde, das geht immer. Dafür gibt es viele Möglichkeiten. Auch beruflich und gerade in Zeiten der Digitalisierung.
Du bist Program Managerin im Personalbereich bei Telefónica. Age Inclusion und Generationenvielfalt sind Schwerpunkte Deiner Arbeit. Warum beschäftigst Du Dich ausgerechnet als junger Mensch damit?
Der demographische Wandel betrifft uns alle. Ich selbst werde noch viele Jahre arbeiten. Damit ist es auch ein persönliches Thema. Mir schon heute vorzustellen, wie ich mich später verwirklichen kann, was mir dann Spaß bringen würde, finde ich sehr interessant. Bei Telefónica sehen wir die gesellschaftliche Bedeutung und die Wichtigkeit von Generationenvielfalt auch für unser Unternehmen. Dafür gibt es bislang noch keine Blaupause in Deutschland. Umso mehr habe ich mich gefreut, dass ich dieses Thema als Projekt in unserem Personalbereich übernehmen konnte.
Wenn Alter nicht nur eine Frage der Haltung, sondern auch der Möglichkeiten ist: Was ist eine Voraussetzung, damit Generationenvielfalt im Unternehmen gelingt?
Das Stichwort lautet “Karrierevielfalt” – so nennen wir es bei Telefónica. Gibt es Karrierevielfalt, kann auch Generationenvielfalt entstehen. Daran arbeiten wir gerade. Unser Ziel ist, Möglichkeiten zu schaffen, damit mehrere Generationen im Unternehmen vernetzt arbeiten. Dass es Bewegung und Austausch gibt. Und zwar über alle Generationen, Karrierestufen und Lebensphasen hinweg. Das bedeutet, dass man sich an neue Positionen und Aufgaben wagt, mental mobil und neugierig bleibt und sich persönlich weiterentwickelt.
Welche Initiativen gab es schon bei Telefónica, als Du im Februar 2021 ins Unternehmen eingestiegen bist?
Es gab bereits eine KI-basierte Plattform namens BEYOND. Sie fördert über verschiedene Initiativen den Wissenstransfer und Austausch über Abteilungen und Generationen hinweg. Mitarbeiter*innen haben zum Beispiel die Möglichkeit der Job Rotation. Sie können ein halbes Jahr lang ihre Position innerhalb des Unternehmens wechseln. Sich also komplett neu ausprobieren. Auch in einem für sie völlig fremden Fachbereich. So begegnen sie neuen Kolleg*innen. Sie vernetzen sich, lernen viel Neues dazu und bringen ihr Wissen in andere Abteilungen. Dadurch kommt Bewegung ins Unternehmen!
Klingt aufregend. Wie wird das Programm angenommen?
Sehr gut. Viele Mitarbeiter*innen merken, dass ihnen Erfahrung in verschiedenen Kontexten Selbstvertrauen, neue Impulse, neue Motivation gibt. Das führt letztlich zu mehr Zufriedenheit und Leistung. Allerdings beobachten wir auch: Genutzt wird die Job Rotation vorrangig von jüngeren Generationen.
Warum nicht von allen Generationen?
Das hat mich auch beschäftigt. Denn bei Telefónica arbeiten bis zu vier Generationen Seite an Seite. Ich fragte mich, was fehlte, damit jede*r Mitarbeiter*in – egal in welchem Alter oder welcher Lebensphase – Freude an einer Job Rotation hätte. Welche Motivation treibt die Menschen im Unternehmen an? Was interessiert sie? Wie groß ist ihr Selbstvertrauen? Wie viel Mut haben sie, was Neues auszuprobieren? Das ist der Punkt, den ich eingangs nannte: Das Alter sollte keine Rolle spielen. Es kommt ja auf die Haltung eines Menschen an. Auf die Einstellung gegenüber seinem Beruf, gegenüber sich selbst. Was traut sich ein Mensch zu? Und was können wir als Unternehmen dafür tun?
Welche Tools haben Dir geholfen, das herauszufinden?
Ich wollte herausfinden, welche unterschiedlichen Bedürfnisse die Mitarbeiter*innen im Unternehmen haben. Also, was brauchen sie – je nach Lebensphase – um den Schritt aus der Komfortzone zu wagen? Das war der Startpunkt. Der nächste Schritt bestand in einer groß angelegten Mitarbeiter*innenumfrage. Zusätzlich habe ich in einer Fokusgruppe tiefergehende Interviews mit den Mitarbeiter*innen durchgeführt. Es galt: Wenn wir uns vornehmen, entsprechende Angebote für mehr Generationenvielfalt im Unternehmen zu entwickeln, dann sollten es auch treffsichere Programme sein. Sie sollten eine Wirkung erzeugen können.
Was für Leitfragen haben Dich diesen Zielen näher gebracht?
“Welche Bedürfnisse haben in Deiner jetzigen Lebensphase an Bedeutung gewonnen? Welche Hürden zur Weiterentwicklung siehst Du? Was brauchst Du?” Wir wollten aber auch wissen, was unsere Mitarbeiter*innen motivieren würde, etwas ganz Neues zu wagen. Dazu haben wir offene Fragen gestellt. Beispielsweise: „Als nächsten Entwicklungsschritt könnte ich mir vorstellen …“. Damit haben wir auch bewusst einen Anstoß zur Selbstreflexion gegeben.
Gab es Antworten, die Dich überrascht, besonders gefreut oder beeindruckt haben?
Ja, jede Menge! Es haben über 1200 Mitarbeiter*innen bei der Umfrage mitgemacht. Das war schon beeindruckend! Und eine große Motivation, um an dem Thema zu arbeiten. Es zeigt auch, wie groß der Bedarf ist. Wie wichtig es ist, Menschen nach ihren Bedürfnissen zu fragen und ihnen zuzuhören. Was mich sehr gefreut hat: die Offenheit und Kreativität der Antworten. Was mich überrascht hat: das Thema „unverbindliche Möglichkeiten“. Sprich: Mitarbeiter*innen würden gern andere Rollen ausprobieren, danach aber gerne wieder in die gewohnte Rolle zurückkehren. Auch interessant: Viele bevorzugten, tiefer in Themen- und Fachgebiete einzutauchen, statt die Karriereleiter hochzuklettern. Stichworte “Spezialisierung” und “Expert*innenrollen” statt Führungskraft.
Gab es klare Unterscheidungen und Gemeinsamkeiten in dem, was sich jüngere und ältere Generationen wünschten?
Ja, den jüngeren Generationen war finanzielle Sicherheit wichtiger. Dafür wünschten sich ältere Mitarbeiter*innen mehr Begleitung, mehr Coaching. Die Bereitschaft zur Agilität, etwas Neues auszuprobieren, war übergreifend. Alle Generationen wünschten sich Ideen und Konzepte, um sich im Unternehmen weiterzuentwickeln. Ein Drittel der Befragten konnte sich sogar vorstellen, etwas gänzlich Neues auszuprobieren. Selbst in den höheren Altersklassen. Das ist toll! Zumal wir natürlich ein großes Interesse daran haben, unsere erfahrenen Mitarbeiter*innen zu halten.
Du sagst „natürlich“. Das ist leider nicht überall die Regel: Die älteren Generationen beklagen weltweit, dass sie Altersdiskriminierung am Arbeitsplatz ausgesetzt sind. Deswegen gefeuert werden oder selbst kündigen.
Wir leben in einer Gesellschaft, in der es gilt, Diversität in allen Facetten wertzuschätzen. Jede Generation kann wertvolle Erfahrungen aus ganz unterschiedlichen Kontexten einbringen. Das sollten wir unterstützen. Wenn Mitarbeiter*innen in allen Lebensphasen neue Herausforderungen und Projekte angehen können, fördern wir ihre Weiterentwicklung. So können auch zusätzliche Energie und Motivation freigesetzt werden. Die demographische Entwicklung und der Fachkräftemangel sind strukturelle Themen: Unternehmen müssen sich verstärkt mit Karrierevielfalt und Generationenvielfalt auseinandersetzen. In Deutschland beobachte ich das allerdings kaum. Für mich ein zusätzlicher Ansporn, mit Telefónica etwas zu bewirken, das über das Unternehmen hinausreicht.
Siehst Du die Pflicht zur Generationenvielfalt hier vorrangig bei den Unternehmen?
Es liegt meines Erachtens an den Unternehmen, ein entsprechendes Setting und Modelle zu schaffen, um ältere Generationen in ihrer Karriere zu fördern. Wir stellen ja eindeutig fest, dass sich auch die erfahrenen Mitarbeiter*innen Weiterentwicklung wünschen. Schaffen Unternehmen die Balance zwischen Risiko und Mut, trauen sich auch ältere Mitarbeiter*innen, ihre Komfortzone zu verlassen und Neues auszuprobieren. Letztendlich aber, finde ich, ist Age Inclusion eine gesellschaftliche Pflicht. Die Lebenserwartung und das Rentenalter steigen weiter. Wir werden teilweise noch viele, viele Jahre arbeiten müssen. Deswegen sehe ich jede*n Einzelne*n in der Verantwortung, die älteren Generationen zu berücksichtigen und zu respektieren.
Gab es für Dich rückblickend einen Augenöffner? Was ist das größte Takeaway aus Deiner bisherigen Arbeit rund um Generationenvielfalt?
Dass wir “Karriere” umdenken müssen. Es müssen neue Karrierekonzepte entwickelt werden und zwar anhand von Lebensphasen. In unserer Umfrage haben wir gezielt nach den Bedürfnissen unserer Mitarbeiter*innen in unterschiedlichen Lebensphasen gefragt. Befinden sie sich in der “Rush Hour” ihres Lebens? Sind sie im “Karriere-Peak”? In der “Plateauphase”? Oder schon in der Seniorität angekommen? Was ist ihnen aktuell am Wichtigsten? Ein Takeaway ist das große Interesse und die Bereitschaft zur Agilität. Über alle Lebensphasen hinweg! Das müssen wir nutzen.
Die übergeordnete Lösung lautet also?
Karrierevielfalt! Die Gesellschaft und Wirtschaft werden immer bunter: Wir müssen als Unternehmen darauf reagieren. Für Telefónica bedeutet das jetzt, in alle Richtungen kreativ und innovativ zu denken. Wir müssen flexiblere Angebote schaffen, neue Karrierepfade entwickeln, neue Karrieremodelle anbieten. Ohne Karrierevielfalt keine Generationenvielfalt.