Stereotype begegnen uns immer wieder. Regelmäßig werden Frauen deshalb mit gesellschaftlichen Erwartungen konfrontiert, was sie angeblich gut können und was sie besser lassen sollten. Diese Vorurteile haben auch Einfluss auf die Berufswahl und sind mit ein Grund, warum im MINT-Bereich lediglich 15,4 Prozent aller Beschäftigten 2018 weiblich waren. Der Schweizer Wissenschaftler Yves Jeanrenaud hat sich in seiner neusten Publikation eingehend damit beschäftigt, warum Frauen seltener einen MINT-Beruf ergreifen und wie man das ändern kann.
MINT-Klischee: Frauen können einfach nicht rechnen
Ob Ingenieur oder Informatiker: der MINT-Bereich und die damit einhergehenden Fähigkeiten und Interessen werden mit Männlichkeit assoziiert. Bereits in jungen Jahren kommen diese Stereotypen zum Tragen: mathematisch-logische Fähigkeiten werden schon von Grundschulkindern überwiegend Männern zugeschrieben. Verstärkt wird dieser Sachverhalt durch das Schubladendenken der Lehrkräfte oder Eltern. Eine gute Leistung in Mathematik wird bei Mädchen mit Glück oder dem niedrigen Schwierigkeitsgrad erklärt, gute Leistungen im Sprachunterricht dagegen auf das tatsächliche Können zurückgeführt. Sogenanntes „Stereotype Threat“ kann dabei schnell zur Folge werden. Dieses Phänomen beschreibt, dass allein das Wissen um Stereotype zu messbar schlechteren Leistungen führt. Das zusammen mit der gesellschaftlich verankerten Vorstellung, dass sich MINT-Fähigkeiten und vermeintlich „weibliche“ Interessen ausschließen, führt dazu, dass Mädchen und Frauen vor „Männerdomänen“ zurückschrecken – aus Angst, ihre „weiblichen“ Fähigkeiten würden nicht ausreichen.
Fördern, sichtbar machen & gestalten
Doch wie gelingt es, den MINT-Bereich diverser zu machen? Laut Yves Jeanrenaud sind hierfür verschiedene Maßnahmen notwendig. Vereine und Initiativen, aber auch Schulen, Unternehmen und Universitäten sollten das Interesse am MINT-Bereich wecken und fördern, vor allem aber eine bessere Vorstellung der Berufe schaffen. Bedingt durch ihre Sozialisation sind Frauen so geprägt, dass sie sich einen sinnstiftenden Beruf mit Kontakt zu Menschen wünschen. Das typische MINT-Berufsbild widerspricht dieser Vorstellung – entspricht aber mindestens genau so wenig der Wirklichkeit. An dieser Stelle spielen Vorbilder eine wichtige Rolle: Frauen, die keinem Nerd-Klischee entsprechen und damit die Stereotype entkräften. Ebenso wichtig sind die Stärkung des Selbstvertrauens von Mädchen und die kritische Beleuchtung der männlich dominierten Branche – die oft automatisch Menschen ausschließt, die sich vermeintlich nicht anpassen wollen.
Durch die verschiedenen Maßnahmen wird es gelingen, mehr Frauen für den MINT-Bereich zu begeistern. Was auch dringend notwendig ist! Schließlich kommt diesen Fächergruppen im Zuge der Digitalisierung eine immer wichtigere Bedeutung bei. Die Beschäftigten sind die Gestalter*innen der Zukunft. Damit diese Zukunft auch gleichberechtigt ist, braucht es die Partizipation von Frauen – ganz ohne Stereotype.