Abba sangen bereits in den 70ern: „Money, money, money must be funny in a rich man’s world.“ Wer hätte gedacht, dass diese Zeilen an Aktualität nicht verloren haben. Noch immer haben Frauen statistisch gesehen weniger sozioökonomische Macht als Männer. Ob Gender Pay Gap, Pension Gap, Investment Gap, um diese Lücken zu schließen und Ungleichgewicht zu korrigieren, braucht es vor allem eins: Finanzielle Aufklärung. Kein Wunder also, dass Abbas Song mit dem vielsagenden Satz endet:
„All the things I could do if I had a little money. But it’s a rich man’s world.“
Verstanden haben das auch Tessa Wirth und Denise Haverkamp. Mit nur 25 Jahren haben die beiden Stuttgarterinnen die erste Finance-Learning-Plattform für Flinta* gegründet. Der Name? Finance, baby!
Finanzielles Wissen stellt vor allem für Flinta* einen wesentlichen Schritt in Richtung autonomes Leben, abgrenzt von patriarchalen Strukturen dar. Es scheint noch immer radikal, „empowering“ etwas speziell für weiblich gelesene Personen zu entwickeln. Plattformen wie finance, Baby! sind demzufolge noch immer wegweisend, um Flinta* zu ermutigen, ihre (finanzielle) Zukunft selbst in die Hand zu nehmen. Vielleicht gibt es bald ja sogar eine Neuaufnahme des Abba Songs und statt „It’s a rich man’s world“ heißt es bald:
„It’s an indepent woman’s universe“.
Liebe Tessa, erzähl uns doch erstmal etwas über Euch – Wie ist finance, baby! entstanden und was hat euch dazu motiviert, Frauen* mehr Einblick in die Finanzwelt geben zu wollen? Gab es einen bestimmten Moment, der den Stein ins Rollen brachte?
Wir haben aus einem persönlichen Problem heraus gegründet, denn wir hatten Anfang 2020 selbst noch keine Ahnung von Finanzen. Wir hatten jeden Monat gerade so viel übrig, dass wir über die Runden gekommen sind, haben aber nicht viel gespart und das Thema Investieren war für uns eine andere Welt, die wir uns super komplex vorgestellt haben. Als dann die Corona Pandemie kam und unsere Jobs unsicher wurden, ist uns aufgefallen, dass wir absolut keine Absicherung haben und wussten ehrlich gesagt auch nicht wie, und vor allem, was überhaupt wichtig ist. Auf der Suche nach einem Angebot, dass uns weiterhilft sind wir leider gescheitert und haben uns kurzerhand entschieden: Wir bieten dieses Angebot selbst. Denn was uns auf dem Markt gefehlt hat sind Finanzangebote die nahbar sind, die auf Augenhöhe kommunizieren und das ganze Thema spannend und attraktiv gestalten.
Wie kam es zu eurem catchy Namen „finance, baby!“?
Denise hatte damals angefangen, auf ihrem privaten Instagram Account über das Thema Finanzen zu sprechen, um herauszufinden, ob andere Leute überhaupt auch Probleme damit haben. Daraufhin hat sie ein IG Highlight erstellt, dass sie “finance baby” genannt hat. Als es an die Namensgebung ging, haben wir uns bereits so mit dem Namen identifiziert und andere haben uns bereits so genannt, dass wir nur noch das Komma und das Ausrufezeichen hinzugefügt haben.
Als junge Frauen seid ihr eure eigene Zielgruppe. Erschwert oder erleichtert das eure Arbeit?
Mittlerweile erleichtert es unsere Arbeit, denn wir haben mit “DI Frau” zwei Finanzexpertinnen gefunden, die uns all das Finanzwissen an die Hand geben, das wir benötigen. Dadurch, dass wir die Probleme unserer Zielgruppe selbst kennen und lösen müssen, wissen wir ganz genau was wir anbieten sollen und vor allem wie wir das kommunizieren. Natürlich müssen wir uns aber auch sehr stark in die Finanzthemen einarbeiten und mitdenken, was uns am Ende aber auch selbst weiterhilft.
Wieso ist es gerade für weiblich gelesene Personen so wichtig, finanzielle Bildung zu erhalten?
Das es immer noch Lücken wie die Gender Pay Gap, Pension Gap, Care Gap oder Leadership Gap gibt, müssen weiblich gelesene Personen noch aufholen, was das Thema Finanzen angeht. Durch veraltete Rollenbilder und Stereotype herrscht oftmals noch das klassische Bild von “Frau zuhause, Mann bei der Arbeit”, wodurch solche Lücken entstehen. Durch finanzielle Aufklärung und Bildung können diese Lücken geschlossen werden, da sich weiblich gelesene Personen unabhängig machen.
Ist es vielleicht sogar wichtiger als für Männer*?
Es ist grundsätzlich nicht “wichtiger”, finanzielle Bildung sollte jeder Person zur Verfügung stehen. Aber eben aufgrund der oben beschriebenen Lücken, haben weiblich gelesene Personen noch etwas aufzuholen, deswegen sprechen wir uns auch konkret für Frauen* aus, um diese Lücken zu schließen und Chancengleichheit zu schaffen.
Für viele Menschen, insbesondere Frauen, ist das Thema Finanzen schwer zu greifen und ein Garant für Kopfschmerzen. Ging es euch vor der Gründung von Finance Baby ähnlich?
Auf jeden Fall. Wir erinnern uns noch daran, wie wir das erste Mal z.B. von einem ETF gelesen haben oder versucht haben zu verstehen, was die Börse eigentlich ist. Und das ist auch total normal, wenn man sich sein Leben lang nicht damit beschäftigt hat. Umso öfter wir über solche Themen gesprochen haben, umso öfter wir uns ausgetauscht haben, umso klarer wurde uns das Thema im Ganzen. Das braucht einfach Zeit, Geduld und vor allem die Offenheit sich über das Thema Finanzen zu unterhalten.
Offen über Finanzen zu sprechen, fällt vielen Menschen schwer, so manche*r würde es sogar als gesellschaftliches Tabu bezeichnen. Ihr macht aus der offenen Kommunikation ein Business, ist euch das anfangs schwergefallen?
Zu Beginn gab es auf jeden Fall einige Hürden. Zum einen bei uns selbst, da wir gesellschaftlich bedingt natürlich auch etwas ungern über das Thema gesprochen haben. Vor allem aber auch, weil wir uns bei dem Thema unsicher gefühlt haben, und wenn man sich in etwas unsicher ist, spricht man nicht gerne darüber. Als wir dann aber gemerkt haben, dass es andere gut finden, dass wir offen darüber sprechen, ist es uns immer leichter gefallen. Es ist aber natürlich auch jetzt immer wieder eine Herausforderung, da das nicht alle so sehen und auch wir uns manchmal noch fragen “War/Ist das jetzt zu offen?”.
Wie sind die ersten Reaktionen auf finance, baby! ausgefallen?
Super positiv, wir haben schnell gemerkt, dass wir etwas entdeckt haben, was viele Menschen belastet und betrifft. Um das Thema Finanzen kommt niemand drum rum, an irgendeiner Stelle in unserem Leben werden wir dem Thema begegnen. Wir haben aber auch schon viel kritische Kritik bekommen von Personen, die das Thema Finanzen für Frauen als absolut nicht relevant sehen und auch nicht verstehen. Wir haben mittlerweile aber gelernt, wie wir mit solchen Situationen umgehen.
Warum würdet ihr sagen, ist noch immer eine so große Diskrepanz zwischen den Geschlechtern, wenn es um finanzielles Wissen geht?
Wir sehen auf jeden Fall einen Trend nach oben und wenn wir mal ein paar Jahrzehnte zurückschauen, haben sich die Diskrepanzen extrem verändert. Es braucht aber einfach Zeit, bis sich eingesessene Sichtweisen verändern. Es braucht eine Generation, die die Probleme sieht und dagegen angeht. Und genau das passiert gerade.
Finanzielle Sicherheit und ausgewogene Work-Life Balance, ein Widerspruch? Was meint ihr?
Es muss auf jeden Fall kein Widerspruch sein, es ist aber häufig einer. Auch wir haben uns schwer getan (und tun es heute noch), Grenzen in der Arbeit zu setzen. Wir finden uns auch immer wieder schnell in einem Strudel von Arbeit, der kein Ende nimmt. Und wenn man dann vor allem noch im Kopf hat, dass man Geld verdienen und fürs Alter vorsorgen muss, kann eine negative Behaftung entstehen. Was wir aber gelernt haben ist, dass wenn man sich einmal richtig um die eigenen Finanzen kümmert und sich langfristig gut aufstellt, dann ist die größte Arbeit damit schon getan.
Wie sehen finance, baby’s! Zukunftspläne aus, gibt es anstehende Projekte?
Im Moment bauen wir unser Angebot weiter aus und möchten Finanzen für jede:n zugänglich machen. Wir haben super viele Ideen für Impact Kampagnen, die wir umsetzen möchten. Sehen uns auch an Schulen, um finanzielle Bildung bereits vom Kindesalter an zu integrieren. Außerdem haben wir schon immer den Traum von einem Finanzplaner (der vielleicht gerade schon in der Produktion ist ;)). Und wir möchten regelmäßige Live Events veranstalten zum Thema Finanzen und Empowerment.
Vielen Dank an finance, baby! für eure Zeit und Gedanken! Wenn ihr mehr über Tessa und Denise und ihre Arbeit erfahren wollt, findet ihr hier alle relevanten Infos!
Und ihr? Got that money on your mind? Good. Now get out there and start talking up space with it!